Darf der Vermieter alles fragen?

17.02.2015

Wohnungsneuvermietung - Was darf der Vermieter im Rahmen einer Selbstauskunft fragen?

Wird heutzutage eine Wohnung neu vermietet, muss der Mieter in der Regel einen Fragebogen des Vermieters als Selbstauskunft beantworten. Dies entspricht dem nachvollziehbaren Wunsch des Vermieters, sich vor Abschluss eines Mietvertrags über den Mietinteressenten zu informieren um zu prüfen, ob der zukünftige Mieter die Miete bezahlen kann. Es gibt keine Pflicht des Mietinteressenten, eine solche Selbstauskunft auszufüllen, aber er wird natürlich den Zuschlag nicht erhalten, wenn er sich weigert.

Eine Entscheidung zeigt die Aktualität des Themas:
Das Amtsgericht Kaufbeuren (Beschluss v. 7.3.2013, 6 C 272/13) hat entschieden, dass der Vermieter den Mietinteressenten danach befragen darf, ob er in seinem bisherigen Mietverhältnis gekündigt worden sei. Da der Interessent gelogen hatte, durfte der Vermieter den geschlossenen Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Interessenten anfechten.

Das Informationsinteresse des Vermieters steht im Spannungsverhältnis zum Schutz der Privatsphäre des Interessenten. Während der Vermieter sein Eigentum schützen will, während der Mietinteressent selber entscheiden können soll, was, wann und wie über seine Lebensumstände nach außen gelangen soll (Recht auf informationelle Selbstbestimmung). Eine zulässige Frage setzt daher vor allem ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus. Ein solches Interesse ist beim Mietverhältnis nur dann gegeben, wenn die Unrichtigkeit sich auf die Umstände bezieht, die bei objektiver Würdigung für den Abschluss des Vertrages wesentlich waren und der Mietvertrag bei richtiger Antwort nicht geschlossen worden wäre.

Hier eine Übersicht zu den möglichen Fragen:
- Fragen zur Identität des Mieters sind zulässig.
- Die Frage nach der Anzahl und Alter der Personen, die zum Haushalt gehören und die Anzahl der Kinder ist zulässig.
- Frage danach, ob in Zukunft Kinder in die Wohnung ziehen werden, ist genauso unzulässig wie die Frage nach einer vorliegenden oder geplanten Schwangerschaft.
- Die Frage nach dem Familienstand ist unzulässig.
- Die Frage nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherungen gemäß § 807 ZPO ist sowohl im Wohn- (str.) wie auch Gewerbemietvertrag zulässig.
- Die Frage nach Vorstrafen oder einem anhängigen Ermittlungsverfahren ist unzulässig.
- Der Vermieter ist berechtigt, den Interessenten nach Beruf und Art der Beschäftigung zu fragen. Nach nicht ganz unstrittiger Auffassung darf er sich auch nach dem Nettoeinkommen erkundigen.
- Die Einholung einer SCHUFA-Auskunft über den Mieter ist unzulässig. Unzulässig ist auch grds. die Einholung von Informationen bei anderen dritten Personen ohne die Zustimmung des Mieters.
- Einige Fragen nach den Lebensgewohnheiten sind zulässig wie etwa die Frage, ob der Mietinteressent Raucher ist. Fragen nach Musikvorlieben oder Hobbys sind allerdings als Eingriff in die Privatsphäre nicht zulässig.
- Weitere unzulässige Fragen sind solche nach Ethnizität, Geistesschwäche, Religionszugehörigkeit.

Schließlich soll nach einer Ansicht die Frage nach dem Vorvermieter, dessen Anschrift sowie zum Vormietverhältnis unzulässig sein. Dem tritt die Entscheidung des Amtsgericht Kaufbeuren nun entgegen.

Der Mieter hatte in der Selbstauskunft angegeben, dass sein derzeitiges Mietverhältnis nicht gekündigt worden sei und den Zuschlag erhalten. Tatsächlich hatte aber der bisherige Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Der neue Vermieter hat daraufhin das Mietverhältnis wegen arglistiger Täuschung angefochten und fristlos und hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt.


Nach bisheriger Ansicht wäre die Anfechtung wirkungslos geblieben, da diese Frage ohnehin nicht hätte gestellt werden dürfen. Anders das Amtsgericht Kaufbeuren. Dort hält man die Frage für zulässig. Zwar werden dem Mieter mit der Frage nach der Kündigung des bisherigen Mietverhältnisses und dem Kündigungsgrund Informationen aus seinem persönlichen Lebensbereich abverlangt. Auf der anderen Seite hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob es im vorherigen Mietverhältnis Probleme gegeben hat, insbesondere solche, die den Vermieter zur Kündigung bewogen haben.

Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Die entgegenstehenden Interessen sind gegeneinander abzuwägen. Der Mieter erleidet durch die wahrheitsgemäße Auskunft keinen dauerhaften und schwerwiegenden Schaden. Die Vermietungsentscheidung bindend den Vermieter hingegen dauerhaft und er übergibt einen erheblichen Vermögenswert in die Obhut eines Fremdes, so dass auch ein Vertrauensverhältnis bestehen muss.


Tipp:

Aus Gründen der Vorsicht sollte der Vermieter aber immer vorgehen wie in dem Beispielsfall, das heißt anfechten wegen arglistiger Täuschung und außerordentliche und ordentliche Kündigung.

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